Weinberge Champagne, Weinliebe auf Reisen, Weinwissen, Anbauregionen

Weinland Frankreich, Weinregion Champagne

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Zahlen und Fakten

🥂Nördlichste Anbaugebiet Frankreichs, ca. 140 km östlich von Paris
🥂 Das Herz ist Reims
🥂Berühmtester Schaumwein der Welt  „Champagner“
🥂Champagner ist herkunftsgeschützt, d.h.nur Schaumwein aus der Region darf Champagner heißen
🥂Anbaufläche: 34.000 ha in den den Départements Aisne, Aube und Marne, sowie kleineren Flächen in Haute-Marne und Seine-et-Marne
🥂Innerhalb der riesigen Bereiches liegen die kleinen Appellationen Coteaux Champenois für nichtschäumende Stillweine und Rosé des Riceys für den berühmten Roséwein

Klima, Böden

Das Geheimnis des Champagners liegt vor allem im Terroir, dem Klima und der Méthode champenoise. Der Boden, bekannt als Craie à bélemnites, ist durchweg kreidehaltig und teils sandig an der Oberfläche. Diese Bedingungen sind ideal für die Produktion von Schaumwein, da die hier wachsenden Rebsorten einen alkoholleichten, feinen und säuerlichen Grundwein hervorbringen. Die Kreide ermöglicht es den Wurzeln, tief ins Erdreich zu wachsen, und speichert zudem Wasser. Dies schafft auch ideale Voraussetzungen für die Keller, die Reims unterirdisch durchziehen.

Diese Keller bieten das ganze Jahr über eine gleichbleibende Temperatur von 10 bis 11 °C und eine Luftfeuchtigkeit von 70 bis 90 %, was für die jahrelange Reifung des Champagners sehr wichtig ist. Jährlich werden rund 300 Millionen Flaschen Champagner produziert. Sowohl der Champagner als auch die Stillweine dürfen die Champagne ausschließlich in Flaschen verlassen; der Transport in Tanks, Fässern oder anderen Behältern ist nicht gestattet. Dadurch ist eine Verarbeitung von Champagne-Grundweinen außerhalb des definierten Bereichs unmöglich und weingesetzlich untersagt.

Rebsorten

Die zugelassenen drei Hauptsorten für den Champagner sind Pinot Noir (38%), Pinot Meunier (31%) und Chardonnay(21%), die 99% der Weinberge belegen. Die vier Sorten Arbane, Petit Meslier, Pinot Gris und Pinot Blanc sind zwar aus historischen Gründen ebenfalls zugelassen, haben aber mit 90 Hektar Rebfläche mengenmäßig nahezu keine Bedeutung. 

Der Maximal-Ertrag wird jährlich vom CIVC festgelegt und richtet sich nach Witterung und auch wirtschaftlicher Situation. Bei Überangebot an Champagner wird gedrosselt. Im Jahre 2019 waren dies 10.200 kg/ha Trauben (2018 waren es 10.800 kg/ha).

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Regionen

Échelle des crus

Das 1920 eingeführte Klassifizierungssystem Échelle des crus stuft die Gemeinden in der Champagne prozentual in drei Klassen ein, basierend auf Bodentyp, Lage, Klima und teilweise auch auf den angebauten Rebsorten. Diese Klassifizierung gilt für die gesamte Gemeinde, wobei bei einigen Gemeinden zwischen roten und weißen Rebsorten unterschieden wird. Insgesamt gibt es 320 AOC-Gemeinden. Davon sind 261 einfache „sans Cru“ (80-89%).

Grand Cru

Die besten Lagen befinden sich in den 17 Grand Cru-Gemeinden, die 100% auf der Skala erreichen und insgesamt 4.400 Hektar Rebfläche umfassen. Diese Gemeinden befinden sich in folgenden Regionen:

– Montagne de Reims: Ambonnay, Beaumont-sur-Vesle, Bouzy, Louvois, Mailly-Champagne, Puisieulx, Sillery, Tours-sur-Marne, Verzenay und Verzy

– Vallée de la Marne: Aÿ

– Côte des Blancs: Avize, Chouilly, Cramant, Mesnil-sur-Oger, Oger und Oiry

Premier Cru

Die 42 Premier Cru-Gemeinden erreichen 90 bis 99% auf der Skala und umfassen insgesamt 6.000 Hektar Rebfläche:

99%: Mareuil-sur-Aÿ und Tauxières-Mutry

95%: Bergères-lès-Vertus (weiße Trauben), Billy-le-Grand, Bisseuil, Chouilly (rote Weintrauben), Cuis (weiß), Dizy, Grauves (weiß), Trépail, Vaudemanges, Vertus, Villeneuve-Renneville, Villiers-Marmery und Voipreux

94%: Chigny-les-Roses, Cormontreuil, Ludes, Montbré, Rilly-la-Montagne, Taissy und Trois-Puits

93%: Avenay-Val-d’Or, Champillon, Cumières, Hautvillers und Mutigny

90%: Chamery, Coulommes-la-Montagne, Coligny (weiß), Cuis (rote), Ecueil, Etréchy (weiß), Grauves (rot), Jouy-lès-Reims, Les Mesneux, Pargny-lès-Reims, Pierry, Sacy, Sermiers, Tours-sur-Marne (weiß), Villedomange, Villiers-Allerand, Villiers-au-Noeuds und Vrigny.

Besonderheiten Champagner

Geschichte

Der Schaumwein aus Frankreich zählt zu den bekanntesten alkoholischen Getränken und steht für Lebensfreude und Luxus. Bereits 1531 wurde in Südwest-Frankreich ein schäumender Wein, der Blanquette de Limoux aus Limoux, dokumentiert. Allerdings war Champagner in der Champagne noch in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts keineswegs das Synonym für diesen Weintyp. Ein häufiges Phänomen war, dass die Gärung im Herbst aufgrund der kühlen Witterung unterbrochen wurde und die Weine trotzdem bereits in Flaschen abgefüllt wurden. Bei wärmerem Wetter im Frühjahr führte der verbliebene Zucker zu einer ungewollten zweiten Gärung in der Flasche. Anfangs geschah dies also rein zufällig und ohne Absicht.

Die „Erfindung“ des schäumenden Getränks wird oft fälschlicherweise dem Benediktinermönch Dom Pierre Pérignon (1638-1715) zugeschrieben. Eine Statue von ihm steht im Stammhaus des größten Champagnerhauses Moët et Chandon in Épernay, das auch eine nach ihm benannte Marke produziert. Unbestreitbar ist jedoch, dass er die kunstvolle Assemblage von Jahrgängen, Rebsorten und Lagen zu höchster Vollendung brachte. Allerdings strebte er keine zweite Gärung in der Flasche an, sondern versuchte durch verschiedene Maßnahmen, diesen unerwünschten Prozess zu verhindern. Eine seiner Methoden war die Verwendung von Rotweintrauben.

Einen wichtigen Beitrag zur Popularität des Champagners leistete der Satiriker Marquis de Saint-Évremond (1610-1703), der aufgrund von Streitigkeiten mit dem Premierminister von Ludwig XIV. (1638-1715) nach London ins Exil ging. Ab 1661 führte er Weißweine aus der Champagne in Fässern ein. Aufgrund des warmen Frühlingswetters setzte oft schon im Fass eine zweite Gärung ein. Die lebhaft schäumenden Weine wurden nach der Ankunft in Flaschen umgefüllt und schnell in adeligen Kreisen beliebt. Diese primitiven Vorläufer des Champagners entstanden bereits zwanzig Jahre bevor Dom Pierre Pérignon sich mit ihnen beschäftigte. Im Jahr 1663 wurde ein „spritziger Champagner“ in London erstmals schriftlich erwähnt. Erst danach wurde er auch in Frankreich, vor allem in Paris, in Mode.

Im letzten Drittel des 17. Jahrhunderts wurde es in der Champagne zunehmend üblich, dem Wein bei der Flaschenabfüllung Zucker und Melasse zuzugeben, um spritzige und schäumende Weine zu erhalten. Gegen Ende dieses Jahrhunderts wurde das schäumende Produkt dann in größeren Mengen bewusst hergestellt. Doch auch dickwandige Flaschen hielten dem großen Kohlendioxiddruck, der durch die üppige Zuckerzugabe und heftige Gärung entstand, oft nicht stand. Rund 80% aller Flaschen gingen damals zu Bruch. Deshalb wurden im gesamten 18. Jahrhundert nur wenige tausend Flaschen jährlich produziert, und diese waren extrem teuer. Champagner entwickelte sich daher vorerst ausschließlich als Modegetränk in Adelskreisen und bei den Wohlhabenden.

Eine umfangreiche Champagner-Produktion begann erst Anfang des 19. Jahrhunderts, als das Problem der richtigen Zuckerdosierung gelöst wurde. Der Chemiker Jean-Antoine Claude Chaptal (1756-1832) erkannte als Ursache des Schäumens in der Flasche die noch nicht beendete Gärung. Den größten Verdienst erwarb sich jedoch der Apotheker Jean-Baptiste François (1792-1838), der das Geheimnis der richtigen Zuckermenge herausfand. Weitere Meilensteine waren die Verbesserung der Korken, die Entwicklung der Verkorkungsmaschine sowie die Erfindung des Rüttelpultes bei der Remuage durch den legendären Kellermeister Antoine de Muller (1788-1859) im Champagnerhaus Veuve Clicquot-Ponsardin.

Geschütze Herkunft

Die Champagne hat seit 1936 den Status einer Appellation d’Origine Protégée (AOP), auch wenn dies selten auf dem Etikett vermerkt wird. Vorwiegend wird Champagner in Weiß und in kleineren Mengen als Rosé produziert, jedoch gibt es keinen roten Champagner, wie es bei Sekt der Fall sein kann. Nach den strengen Vorschriften des Comité Interprofessionnel du Vin de Champagne (CIVC) darf Schaumwein nur dann als Champagner bezeichnet werden, wenn er die festgelegten Anforderungen an Herkunft und Herstellung erfüllt.

Die Weintrauben müssen in der „Région délimitée de la Champagne viticole“ angebaut, gekeltert und nach der 1935 festgelegten Méthode champenoise in zweifacher Gärung vergoren werden. Diese Regelung wurde nach langen Rechtsstreitigkeiten 1994 durch eine EU-Verordnung bestätigt. Außerhalb der Champagne (und in anderen Ländern) wird hochwertiger Schaumwein als Crémant und im deutschsprachigen Raum als Sekt bezeichnet. Es gibt auch andere landesspezifische Bezeichnungen, zum Beispiel Cremant, Cava oder Espumante.

Die Artikel 274 und 275 des Friedensvertrags von Versailles von 1919 wurden als „Champagnervertrag“ bezeichnet. Diese Artikel untersagten deutschen Produkten, fremde Herkunftsbezeichnungen zu verwenden, was zuvor gängige Praxis war. Besonders betroffen waren Champagner und Cognac aus deutscher Produktion, die aus französischer Sicht irreführend nach französischen Regionen benannt waren. Seitdem werden diese Produkte als Sekt und Weinbrand bezeichnet. Diese Regelung galt jedoch nicht außerhalb des Geltungsbereichs des Friedensvertrags, wie zum Beispiel für Schampanskoje, den Krimsekt.

Die Bezeichnung Champagner ist nicht nur innerhalb der EU, sondern weltweit in 120 Ländern herkunftsgeschützt. In Russland hingegen wurde 2021 ein Gesetz verabschiedet, das die Bezeichnung „Champagner“ ausschließlich für russische Schaumweine erlaubt. Französischer Champagner muss nach dem neuen Gesetz als „Schaumwein“ bezeichnet werden. Das Wort Champagner darf nur noch in lateinischer und nicht in kyrillischer Schrift auf dem Etikett erscheinen. Auf den Rückseiten-Etiketten ist nun in kleiner Schrift „Champagne“ angegeben.

Champagne, Epernay, Weinliebe auf Reisen
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Herstellungsverfahren

Die Herstellung von Champagner ist ein äußerst aufwändiges und komplexes Verfahren mit vielen Arbeitsschritten. Der Chronist Henry Vizetelly (1820-1894) beschreibt dies in seinem 1882 erschienenen Buch „Eine Geschichte des Champagners“: Guter Champagner fällt nicht vom Himmel und entspringt nicht einfach aus dem Felsen. Er ist vielmehr das Ergebnis unermüdlicher Arbeit, umfassender Fachkenntnis, präziser Pflege und sorgfältiger Beobachtung. Das Besondere an Champagner ist, dass seine Herstellung erst dort beginnt, wo die Weinbereitung normalerweise endet.

Gewöhnlich werden die Weintrauben früh geerntet, bevor sie vollständig gereift sind und ein niedrigeres Mostgewicht aufweisen. Ein niedriger Ertrag ist dabei nicht von großer Bedeutung. Das entscheidende Kriterium ist nicht ein hoher Zuckergehalt, sondern vielmehr die Fähigkeit, säurebetonte Grundweine zu produzieren. Ein adstringierender Geschmack aufgrund von Tanninen ist unerwünscht. Die Trauben werden von Hand gelesen, wobei jegliches unreifes oder faules Gut aussortiert wird. Die Mindestmenge für den potenziellen Alkoholgehalt im Most wird jährlich festgelegt (etwa 9% vol). Die Traubenpreise richten sich nach marktspezifischen Gesichtspunkten, wobei das Échelle des crus-System mit seiner Einteilung in Grand Cru, Premier Cru und übrige Gemeinden als Leitfaden dient.

Der Höchstertrag ist auf 102 Liter Most (ergibt 100 Liter Wein) aus 160 Kilogramm Trauben begrenzt. Es ist ausschließlich die schonende Ganztraubenpressung erlaubt. Die traditionellen Pressen fassen 4.000 Kilogramm (1 Marc) Trauben, aus denen 2.550 Liter Most gewonnen werden dürfen. Die Mengen ergeben sich aus dem Fasstyp Pièce champenoise mit einem Fassungsvermögen von 205 Litern. Die resultierenden 2.050 Liter (10 Pièces) des ersten Pressdurchgangs werden als Tête de cuvée bezeichnet, was die beste Qualität darstellt. Danach erfolgt das “taillieren” (Umwenden) der Maische und ein weiterer Pressvorgang. Die verbleibenden 500 Liter werden als Taille bezeichnet (bis 1990 gab es zwei Pièces Premiere Taille mit je 410 Litern und eine Pièce Deuxième Taille mit 205 Litern). Nur diese Moste dürfen für die Herstellung von Champagner verwendet werden. Der Most weiterer Pressvorgänge wird als “Rebéche” bezeichnet und ist ausschließlich für die Destillation zugelassen.

Die Qualität der Grundweine spielt eine entscheidende Rolle für das Endprodukt. Bei hochwertigen Schaumweinen müssen auch die Grundweine von herausragender Qualität sein (siehe dort für Details). Allerdings gelten andere Standards als für gewöhnliche Stillweine. Viele Champagner-Häuser verwenden für die Herstellung der Grundweine nur den besten Most (Tête de Cuvée). Der Most wird bei niedriger Temperatur für 12 bis 48 Stunden durch Absetzen vor der Gärung geklärt (Débourbage). Anschließend wird er in die Gärbehälter umgefüllt, wobei die meisten Unternehmen Stahltanks mit einem Volumen von 50 bis 1.200 Hektolitern verwenden, während einige wenige noch traditionelle Eichenfässer einsetzen.

In der Regel werden von der CIVC empfohlene Hefen verwendet. Die Gärtemperatur liegt zwischen 12 und 25 Grad Celsius. Bei etwa 22 Grad Celsius dauert die alkoholische Gärung etwa drei Wochen. Die meisten Weine werden dann einer malolaktischen Gärung unterzogen. Abschließend erfolgt eine weitere Klärung, und das Endprodukt wird als “Vin clair” bezeichnet. Die Grundweine weisen im Vergleich zu Stillweinen in der Regel einen unauffälligen, säurebetonten Geschmack auf.

Assemblage (Verschneiden)

Die Unverwechselbarkeit und Qualität des Endprodukts hängen maßgeblich von diesem Prozess ab. Die Auswahl und Zusammenstellung der Weine und Jahrgänge erfordern Erfahrung, sensorische Fähigkeiten, Vorstellungskraft und Sorgfalt. Die genauen Details sind ein gut gehütetes Geheimnis der Champagnerhäuser. Zu diesem Zeitpunkt wird entschieden, ob die Weinqualität ausreichend ist, um einen Millésime (Jahrgangs-Champagner) zu kreieren, was nur in besonders guten Jahren geschieht (eine freie Entscheidung der Häuser). Gemäß EU-Verordnung muss ein solcher Jahrgangs-Champagner mindestens 85% des angegebenen Jahrgangs enthalten, was jedoch von der CIVC auf 100% verschärft wurde.

Für nicht-jahrgangsgebundene Champagner erfolgt die Assemblage aus verschiedenen Jahrgängen und Weinen. Bei Moët et Chandon wird aus einem riesigen Reservoir von 300 Grundweinen eine Cuvée aus bis zu 30 Chargen komponiert. Hierbei kann auch Reservewein verwendet werden. Die „Grande Cuvée“ des Champagner-Hauses Krug besteht sogar aus bis zu 60 verschiedenen Weinen. Die Abfüllung des Weins in Flaschen für die folgende Flaschengärung darf nicht vor dem 1. Januar des auf die Weinlese folgenden Jahres erfolgen.

Liqueur de tirage und Flaschengärung

Nach der alkoholischen Gärung muss der Champagner eine Flaschengärung durchlaufen (nicht in Tank oder Fass). Bis 2001 galt die Anforderung, dass Champagner in jener Flasche vergoren sein musste, in der er auch vermarktet wird, nur für Formate wie Normalflaschen (0,75 l) und Magnum (1,5 l). Alle kleineren und größeren Formate konnten aus Normalflaschen befüllt werden. Seit Anfang 2002 müssen jedoch auch Halbflaschen (0,375 l) und Jeroboams (3 l) original-flaschenvergoren sein. Einige Produzenten wie Krug oder Pommery haben schon immer alle ihre Formate so behandelt.

Der Liqueur de tirage (Fülldosage) wird dem Grundwein beigegeben, um die Flaschengärung auszulösen. Abhängig vom Restzuckergehalt handelt es sich dabei um eine Mischung aus in Wein gelöstem Rohrzucker und speziellen Hefen von etwa 25 g/l. Viele Produzenten verwenden Rüttelhilfen wie Bentonit, um das spätere Dégorgement (Entfernen des Hefesatzes) zu erleichtern. Danach erfolgt die Abfüllung in Flaschen, die mit einem Kronkorken verschlossen werden. Bei einigen Produzenten ist auf der Innenseite des Kronkorkens ein kleiner Becher (Bidule) angebracht, der das Hefedepot aufnimmt.

Die Flaschengärung dauert bei relativ niedrigen Temperaturen zwischen 9 und 12 °Celsius etwa zehn Tage bis drei Monate oder länger. Dabei steigert sich der Alkoholgehalt um etwa 1,2% bis 1,3% vol. Unter einem Druck von mindestens 3,5 bis 6 bar entsteht das typische, extrem feinperlige Kohlendioxid, das den Champagner so einzigartig macht (frz. „Prise de mousse“). Eine hohe Perlage mit winzigen Perlen ist ein entscheidendes Qualitätsmerkmal für Champagner.

Sur lie (Hefesatzlagerung)

Durch die Flaschengärung entsteht ein Bodensatz aus abgestorbenen Hefezellen (lie) und anderen Trübstoffen, der während der Reifung eine wichtige Rolle spielt. Die Flaschen müssen nun mindestens 15 Monate (davon mindestens 12 Monate auf dem Hefesatz) lagern, während Jahrgangs-Champagner drei Jahre lagern muss. Es gibt jedoch auch Champagner mit Lagerzeiten von 10, 20 und selten sogar bis zu 50 Jahren. Je länger die Lagerung auf der Hefe dauert, desto kürzer ist die Trinkfähigkeit im geöffneten Zustand. Im Durchschnitt beträgt die Lagerzeit bei Nichtjahrgangs-Champagnern jedoch 2,5 bis 5 Jahre. Während dieser Zeit werden aus den abgestorbenen Hefezellen Substanzen aufgenommen, die den feinprickelnden, charakteristischen Geschmack des Champagners entwickeln.

Remuage (Rüttelung)

Die Flaschen werden mit dem Hals nach unten in schräg gestellte Pupitres (Rüttelpulte) gesteckt, die anfangs sehr steil sind. Bis zu drei Monate lang werden sie täglich manuell vom Rüttelmeister (Remueur) gerüttelt (Remuage), um einen Achtelkreis gedreht und das Pult etwas flacher gestellt, bis die Flaschen auf dem Kopf stehen und der Bodensatz im Flaschenhals hinter dem Korken sitzt. Dieser Vorgang wird normalerweise 24- bis 32-mal durchgeführt. Viele Häuser bringen am Flaschenboden einen Kellereipunkt (Marque) an, der dem Remueur als Positionierungshilfe dient.

Erfahrene Rüttelmeister können pro Tag 30.000 bis 50.000 Flaschen Champagner behandeln. Die zeitaufwendige händische Rüttelung wird heutzutage bei großen Unternehmen von Gyropalettes (computergesteuerte Metallkästen) übernommen, wodurch der Prozess auf eine Woche verkürzt wird. Neueste Verfahren sollen sowohl die Rüttelung als auch die Gyropalettes überflüssig machen, indem adsorptivstarke Alginate eingesetzt werden.

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Champagne, Epernay, Weinliebe auf Reisen, Degorgement

Dégorgement (Entfernen des Hefesatzes)

Einige Champagner-Hersteller verzögern das Entfernen des Hefesatzes (Dégorgement) so lange wie möglich, um durch eine längere Hefelagerung die Geschmacksfülle zu steigern. Ein geschütztes Markenzeichen des Champagnerhauses Bollinger in diesem Zusammenhang ist Récemment dégorgé (RD). Beim Warmdegorgieren (Dégorgement à la volée) ist großes Geschick erforderlich, um übermäßige Verluste zu vermeiden. Heutzutage wird jedoch hauptsächlich das Kaltdegorgieren (Dégorgement à la glace) angewendet. Dabei werden die Flaschen mit dem Hals in eine eiskalte Salzlösung getaucht und anschließend geöffnet (unter Verwendung eines Dégorgier-Hakens). Der nahezu gefrorene Hefeklumpen wird herausgeschleudert, und der eventuell verschüttete Champagner wird gegebenenfalls nachgefüllt.

Liqueur d’expédition, Verkorkung und Poignettage

Alternativ wird den Flaschen nun die sogenannte Liqueur d’expédition (Versanddosage) beigegeben. Diese besteht aus einer Mischung von Wein und Rohrzucker bzw. bei einigen Herstellern auch Weinbrand. Dadurch wird die Menge, die durch das Entfernen der Hefe aus der Flasche verloren ging, ersetzt und der Champagner erhält den gewünschten Süßegrad (Zuckergehalt). Bei hochwertigem Jahrgangs-Champagner oder nach einer langen Hefelagerung verzichten einige Produzenten darauf. In diesem Fall wird auf dem Etikett pas dosé, dosage zéro oder brut nature vermerkt (ohne Dosage).

Nachdem der Korken in den Flaschenhals getrieben wurde, wird er mit einer Metallkappe (Capsule) bedeckt, die wiederum durch eine Agraffe (Muselet) fixiert wird. Um die Dosage optimal mit dem Wein zu vereinen, wird gegebenenfalls ein manuelles oder maschinelles Schütteln der Flaschen durchgeführt, das als Poignettage bezeichnet wird.

Qualitätskontrolle

Champagner zählt zu den am strengsten kontrollierten Produkten weltweit. Insgesamt fünf Institutionen überwachen die Vorgaben und die Qualität. Hierzu gehören das Landwirtschaftsministerium, die Staatliche Weinkontrolle und Gewerbeaufsicht, die INAO, die Zoll- und Steuerbehörde sowie der Champagne-Verband CIVC (Comité Interprofessionnel du Vin de Champagne). Auf dem Etikett muss “Champagne” stehen, und bei einem Jahrgangs-Champagner muss die Jahreszahl angegeben sein. Beides muss auch auf dem Korken eingebrannt sein. Jedes Champagner-Etikett trägt zudem eine vom CIVC vergebene sechs- bis siebenstellige Kontrollnummer. Die ersten ein bis zwei Stellen geben Aufschluss über die Art des Herstellers bzw. des Abfüllers:

CM = Coopérative de Manipulation (Marke einer Genossenschaft)

MA  = Marque d’Acheteur (spezielle Marke – erzeugt für Supermarkt, Restaurant)

ND  = Négociant Distributeur (kauft Champagner, etikettiert und vertreibt)

NM = Négociant Manipulant (kauft Trauben, Most, Grundwein – verarbeitet, vertreibt)

R    = Récoltant (selbständiger Winzer, lässt Champagner im Lohnverfahren herstellen)

RC  = Récoltant Coopérateur (G-Mitglied, liefert Trauben und bekommt Champagner)

RM = Récoltant Manipulant (stellt Champagner aus eigenen Trauben her)

SR  = Société de Récoltants (miteinander verwandte Erzeuger-Vereinigung)

Produzenten

Es gibt ungefähr 15.000 Winzer, die meisten davon betreiben nur Traubenanbau auf wenigen Hektar. Aber etwa 5.000 Winzer sowie 60 Genossenschaften und 360 Handelshäuser produzieren Champagner. Diese stellen mindestens eine Marke her, einige produzieren sogar Hunderte (in diesem Fall vor allem MA’s). Die kleinen Produzenten, die oft nur ein paar tausend Flaschen produzieren, bieten häufig erstaunliche Qualitäten, da sie im Gegensatz zu den großen Häusern alle Trauben von Grand-Cru-Lagen verwenden können. Insgesamt sind 11.000 Champagner-Marken beim CIVC registriert.

Jährlich werden insgesamt ungefähr 300 Millionen Flaschen Champagner vermarktet. Weltweit werden jede Sekunde zehn Flaschen geöffnet. Etwa 40% der Gesamtmenge werden exportiert, wobei Großbritannien, die USA und Deutschland die Hauptabnehmer sind. Die Produktlinien großer Unternehmen umfassen eine jahrgangslose Standardqualität, einen Jahrgangs-Champagner, einen Blanc de Blancs (ausschließlich aus Chardonnay-Trauben), einen Rosé und als Spitzenprodukt des Hauses eine Cuvée de Prestige. Einige Unternehmen produzieren unter der AOC Coteaux Champenois auch stille Rot-, Rosé- und Weißweine.

Bekannte Champagner-Produzenten und Marken sind Ayala, Besserat de Bellefon, Billecart-Salmon, Billiot, Binet, Bollinger, Canard-Duchêne, Charles Heidsieck, Delamotte, Deutz, Drappier, Duval-Leroy, Fleury Père et Fils, Gosset, Alfred Gratien, Heidsieck Monopole, Henriot, Krug, Jacquart, Jacquesson, Joseph Perrier, Laherte Frères, Lanson, Larmandier-Bernier, Laurent-Perrier, Mercier, Moët et Chandon, Mumm, Nicolas Feuillatte (Palmes d’Or), Perrier-Jouët, Philipponnat, Piollot, Piper Heidsieck, Paillard, Pol Roger, Pommery, Roederer, Ruinart, Salon, Taittinger, Tarlant, Thiénot, Union Champagne, Veuve Clicquot-Ponsardin und Vranken.

Champagnergenuss und Kultur

Im Allgemeinen sollte ein Schaumwein möglichst innerhalb von zwei (oder drei) Jahren nach der Herstellung oder nach dem Verkauf genossen werden. Einige Spitzenprodukte können sich jedoch weiterentwickeln, obwohl dies eher die Ausnahme ist und auch vom Jahrgang abhängt (bei Jahrgangsweinen). Eine angemessene Lagerung ist beim Schaumwein noch wichtiger als beim Stillwein. Optimal sind ruhige, erschütterungsfreie Lagerbedingungen in Dunkelheit, bei einer konstanten Weintemperatur von 10 bis 15 °Celsius und ausreichender Luftfeuchtigkeit.

Fundstücke von Champagnerflaschen in Schiffswracks haben gezeigt, dass selbst sehr alte Champagner unter den “idealen Lagerbedingungen” noch genießbar sein können. Der Rekordhalter ist ein Veuve-Clicquot aus dem Jahr 1839, der 2010 in einem Wrack gefunden wurde und selbst nach über 170 Jahren nicht nur genießbar, sondern auch köstlich war. Zwei Beispiele sind unter Heidsieck-Monopole und Veuve Clicquot-Ponsardin aufgeführt.

Um Champagner ranken sich zahlreiche Legenden und Anekdoten. Madame Pompadour (1721-1764), die Geliebte von König Ludwig XV. (1710-1774), sagte einst: “Champagner ist das einzige Getränk, das Frauen schöner macht, je mehr sie davon trinken.” Ihre Lieblingsmarke stammte übrigens aus dem Hause Moët et Chandon. Eine der bekanntesten Anekdoten stammt jedoch von der legendären Madame Lily Bollinger (1899-1977) des gleichnamigen Champagnerhauses.

Auf die Frage eines Reporters, wann sie Champagner trinke, antwortete sie:

“Ich trinke ihn, wenn ich glücklich bin, und ich trinke ihn auch, wenn ich traurig bin. Manchmal trinke ich ihn, wenn ich allein bin; in Gesellschaft trinke ich ihn sowieso. Selbst wenn ich keinen Appetit habe, nehme ich gern ein Gläschen zu mir. Und wenn ich Appetit habe, greife ich natürlich auch zu ihm. Aber sonst rühre ich ihn nicht an, außer – wenn ich durstig bin.”

Es ist seit langem Brauch bei Autorennen, dem Sieger eine Champagnerflasche zu überreichen, die dieser dann schüttelt und auf die Zweit- und Drittplatzierten sowie in die Menge spritzt. In der langen Geschichte der Formel 1 waren dies Marken verschiedener Produzenten wie vor allem Moët et Chandon bzw. Domaine Chandon und Mumm. Anfangs wurden Magnum- (1,5 l = 2 Normalflaschen je 0,75 l) und später Jeroboam-Flaschen (3 l = 4 Normalflaschen) verwendet. Traditionell werden auch für Schiffstaufen Champagner verwendet.